Stellen Sie sich vor: Sie ziehen in Ihr neues Zuhause, alles ist fertig, die Böden sind verlegt, die Wände gestrichen - und dann, ein paar Wochen später, ein riesiger Wasserschaden in der Wohnung darunter. Die Ursache? Eine undichte Verbindung in der Wasserleitung, die niemand vorher entdeckt hat. Das ist kein Einzelfall. Jedes Jahr passieren in Deutschland über 100.000 Wasserschäden in Wohngebäuden, viele davon wegen fehlender oder falscher Druckprüfung. Dabei ist die Lösung einfach: Bevor die Leitungen in Betrieb gehen, muss eine ordnungsgemäße Druckprüfung durchgeführt werden. Und das ist nicht nur eine gute Praxis - es ist gesetzlich vorgeschrieben.
Warum ist die Druckprüfung so wichtig?
Die Druckprüfung der Wasserleitungen ist kein Luxus, sondern eine Pflicht. Laut der Trinkwasserverordnung (TrinkWV) vom 1. November 2021 muss jede neue Trinkwasserinstallation vor der Inbetriebnahme auf Dichtheit geprüft werden. Das gilt für Neubauten, aber auch für größere Renovierungen, bei denen Rohre ausgetauscht oder verlegt werden. Der Grund ist klar: Leckagen sind nicht nur teuer - sie können auch die Gesundheit gefährden. Wenn Wasser aus Leitungen austritt, kann es Schimmel fördern, Holz beschädigen und Bakterien in die Umgebung tragen. Ein durchschnittlicher Wasserschaden kostet zwischen 15.000 und 30.000 Euro, wie die Deutsche Schadenshilfe 2023 berichtet. Und viele Versicherungen zahlen nur, wenn eine korrekte Wasserdruckprüfung nach DIN EN 806-4 vorliegt.Die Prüfung findet nicht nur statt, um Schäden zu vermeiden. Sie sichert auch die hygienische Qualität des Trinkwassers. Denn wenn eine Leitung undicht ist, kann Schmutzwasser aus dem Boden oder aus anderen Rohren in das Trinkwassersystem gelangen - ein Risiko, das niemand unterschätzen sollte.
Welche Methoden gibt es?
Es gibt drei offiziell zugelassene Verfahren, um die Dichtheit von Wasserleitungen zu prüfen: mit Wasser, mit Druckluft oder mit Inertgas (meist Stickstoff). Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile - und nicht alle sind gleichwertig.Wasserdruckprüfung ist die zuverlässigste Methode. Sie wird mit einem speziellen Prüfgerät auf einen Druck von 11 bar erhöht. Vorher wird mit etwa 6 bar eine Vorprüfung durchgeführt. Danach muss der Druck 15 Minuten (bei reinen Kupferrohren) oder 30 Minuten (bei Mischsystemen aus Kupfer und Kunststoff) stabil bleiben. Die Wasserprüfung ist besonders empfindlich: Sie erkennt sogar winzige Leckagen, die bei Luftprüfung verborgen bleiben. Experten wie Dr. Andreas Schulz vom Institut für Trinkwasserhygiene in Berlin sagen klar: „Wasserdruckprüfungen sind unverzichtbar, besonders bei hygienisch sensiblen Installationen.“
Druckluftprüfung arbeitet mit niedrigeren Drücken - maximal 3 bar bei dünnen Rohren, 1 bar bei dickeren. Sie ist schneller, hinterlässt keine Feuchtigkeit und ist hygienisch sauber. Das macht sie attraktiv, wenn die Leitungen erst später in Betrieb genommen werden, z. B. bei Baustellen mit langer Wartezeit. Aber: Luft ist kompressibel. Das bedeutet, dass kleine Leckagen schwerer zu erkennen sind. Außerdem kann sich die Luft bei Temperaturschwankungen ausdehnen oder zusammenziehen - das führt zu falschen Messwerten. Besonders bei Kunststoffrohren ist das ein Problem. Laut Prof. Dr. Markus Weber von der Hochschule für Technik Stuttgart führt die Luftprüfung bei diesen Materialien oft zu „falschen Sicherheiten“.
Inertgasprüfung mit Stickstoff ist die hygienisch sicherste Variante. Sie verhindert jegliche Kontamination und kann sowohl Metall- als auch Kunststoffrohre prüfen. Der Druck liegt bei nur 150 mbar, die Prüfzeit dauert mindestens zwei Stunden - und wird je nach Leitungsvolumen verlängert. Sie ist teurer und aufwendiger, aber ideal, wenn absolute Sauberkeit gefordert ist, z. B. in Krankenhäusern oder Altenheimen. In Wohnhäusern wird sie selten eingesetzt - meist nur bei speziellen Anforderungen.
Warum Wasser die bessere Wahl ist
Obwohl Druckluft schneller und einfacher erscheint, ist die Wasserprüfung die einzige Methode, die von Versicherungen und Behörden als verlässlich anerkannt wird. Die Deutsche Schadenshilfe bestätigt: „Wenn ein Schaden eintritt und nur eine Luftprüfung vorliegt, lehnen Versicherer den Anspruch oft ab.“Ein praktisches Beispiel: Ein Installateur in Köln berichtet auf Sanitaer-Forum.de, dass er bei 80 % seiner Druckluftprüfungen keine Leckagen findet - aber bei der anschließenden Wasserprüfung in jedem Neubau durchschnittlich 2 bis 3 undichte Verbindungen entdeckt. Diese Lecks wären mit Luft nie aufgefallen. Warum? Weil Wasser nicht komprimierbar ist. Wenn es entweicht, fällt der Druck sofort. Luft dagegen kann sich noch ein paar Sekunden lang „verstecken“ - und gibt so eine falsche Sicherheit.
Auch die DIN EN 806-4, die aktuellste Fassung vom November 2023, betont die Wasserprüfung als Standardverfahren. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) empfiehlt sie ausdrücklich als erste Wahl - und kritisiert, dass viele Handwerker die Luftprüfung aus Bequemlichkeit nutzen, obwohl sie nicht den gleichen Sicherheitsstandard bietet.
Was muss vor der Prüfung passieren?
Bevor überhaupt ein Manometer angeschlossen wird, muss die Installation vorbereitet werden. Das ist oft der größte Fehler in der Praxis. Laut einer Umfrage des ZVSHK unter 500 Handwerksbetrieben waren bei 35 % der Prüfungen nicht alle Armaturen geschlossen, oder Gaszähler und Druckbehälter wurden nicht abgesperrt.Das ist gefährlich. Wenn ein Gaszähler oder ein Heizungsdruckbehälter mit dabei ist, kann der Druck in die falsche Richtung gehen - und die Prüfung ist wertlos. Vor der Prüfung müssen also alle Geräte, die nicht für 11 bar ausgelegt sind, entfernt oder abgesperrt werden. Das gilt für:
- Gaszähler
- Gasgeräte und Druckregler
- Druckbehälter (z. B. für Heizung)
- Wasserenthärter mit Drucktanks
- Alle Armaturen, die nicht für Prüfdruck geeignet sind
Und: Die Rohre müssen komplett mit Wasser gefüllt sein - keine Luftblasen. Selbst kleine Luftansammlungen können den Druck verfälschen. Deshalb wird vor der eigentlichen Prüfung das System vorsichtig und langsam befüllt, oft mit einem Prüfgerät wie der Esders Aquatest 5000, das Drücke bis 16 bar erzeugen kann.
Was braucht man für die Prüfung?
Für die Wasserprüfung braucht man mehr als nur einen Schlauch und ein Manometer. Es braucht:- Eine Prüfpumpe, die mindestens 16 bar Druck erzeugen kann (z. B. Esders Aquatest 5000, Preis: 1.200-2.500 Euro)
- Einen präzisen Manometer mit Messgenauigkeit von max. 100 mbar (nicht billige, ungeeichte Geräte!)
- Eine Dokumentationsvorlage für den Dichtheitsnachweis
- Zeit - mindestens 1 bis 2 Stunden pro Wohnung
Bei Druckluftprüfung braucht man einen öl- und fettfreien Kompressor. Ein häufiger Fehler: Handwerker nutzen normale Autokompressoren - das ist verboten. Ölreste in der Luft können die Rohre kontaminieren und das Trinkwasser gefährden. Laut Pipetec passiert das bei 15 % der nicht qualifizierten Prüfungen.
Ein moderner Trend: digitale Messgeräte wie das Testo 557. Diese Geräte messen den Druck mit einer Genauigkeit von unter 0,05 bar und speichern die Daten automatisch. Laut einer Studie des Handwerksblatts reduzieren sie die Prüfzeit um 40 % und senken die Fehlerquote dramatisch. Sie sind teurer, aber sie machen die Dokumentation einfacher - und das ist entscheidend.
Dokumentation ist Pflicht
Eine Druckprüfung ohne Nachweis ist wie ein Führerschein ohne Ausweis: sie zählt nicht. Die Gesetze verlangen einen schriftlichen Dichtheitsnachweis. Er muss enthalten:- Prüfdatum
- Prüfmedium (Wasser, Luft, Stickstoff)
- Prüfdruck (z. B. 11 bar)
- Prüfzeit (z. B. 30 Minuten)
- Ergebnis („dicht“ oder „undicht“)
- Unterschrift des Prüfers
- Unterzeichnung des Bauherrn oder Vertreters
Dieser Nachweis muss bei der Abnahme der Installation vorgelegt werden - und oft auch bei der Versicherung. Wer ihn nicht hat, riskiert nicht nur den Anspruch bei einem Schaden, sondern auch Bußgelder von der Gesundheitsbehörde.
Seit Anfang 2024 führt der ZVSHK ein Pilotprojekt mit digitalen Prüfprotokollen durch, die über Blockchain gesichert werden. Das bedeutet: Die Daten können nicht mehr manipuliert werden. Ein Schritt in die Zukunft - und bald wahrscheinlich Standard.
Wer darf die Prüfung durchführen?
Nicht jeder Handwerker darf eine Druckprüfung durchführen. Laut Handwerksordnung (§ 42a HwO) dürfen nur Meister oder Facharbeiter mit spezieller Qualifikation in Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik diese Prüfung ausführen. Das ist kein Selbstgänger. Es braucht eine Ausbildung, eine Prüfung und regelmäßige Fortbildung.Warum das so wichtig ist? Weil falsche Prüfungen teuer werden. Ein ungeeichtes Manometer mit einer Toleranz von 0,2 bar statt 0,1 bar kann eine Leckage vortäuschen - oder sie verbergen. Der ZVSHK warnt: „Die Verwendung ungeeichter Geräte ist in der Praxis häufig und führt zu falschen Sicherheiten.“
Wenn Sie als Hausbesitzer eine Prüfung verlangen, fragen Sie nach dem Meisterbrief und der Zertifizierung. Ein seriöser Betrieb zeigt Ihnen gerne seine Unterlagen.
Was passiert, wenn die Prüfung fehlschlägt?
Wenn der Druck während der Prüfung fällt, ist die Leitung undicht. Dann wird der Ort der Leckage gesucht - meist durch Sichtprüfung aller Verbindungen, Lötstellen, Pressverbindungen und Schlauchanschlüsse. Ein guter Installateur nutzt dabei oft eine einfache Methode: Er beobachtet die Rohre, während der Druck aufgebaut wird. Wasser tropft, Luft blubbert - und dann wird der Fehler lokalisiert.Die Reparatur ist meist einfach: eine neue Pressverbindung, ein neuer Lötanschluss, eine neue Dichtung. Aber: Die Prüfung muss danach wiederholt werden. Einmalig reicht nicht.
Und: Wenn die Leitung nach der Reparatur länger als eine Woche nicht genutzt wird, muss sie vor der Inbetriebnahme noch einmal gespült werden - sonst könnte sich Bakterien in den Rohren ansiedeln, besonders bei Wasserprüfung.
Was Sie als Hausbesitzer beachten sollten
Sie sind der Bauherr? Dann verlangen Sie die Wasserdruckprüfung - nicht die Luftprüfung. Fragen Sie den Installateur direkt: „Wird die Prüfung mit Wasser oder mit Luft durchgeführt?“ Wenn er sagt: „Mit Luft, das ist schneller“, dann fragen Sie nach: „Ist das nach DIN EN 806-4 und vom ZVSHK empfohlen?“Verlangen Sie den schriftlichen Dichtheitsnachweis - und bewahren Sie ihn auf. Legen Sie ihn zusammen mit den anderen Bauunterlagen ab. Später, wenn Sie das Haus verkaufen, wird er gebraucht. Und falls etwas passiert, ist er Ihr einziger Schutz.
Und: Lassen Sie sich nicht von „schnellen“ Angeboten locken. Eine ordnungsgemäße Druckprüfung dauert mindestens eine Stunde - oft länger. Wer das in 20 Minuten erledigt, macht es falsch.
Was kommt als Nächstes?
Die Zukunft der Druckprüfung ist digital und präzise. Bereits 2025 sollen Systeme verfügbar sein, die nicht nur prüfen, sondern auch automatisch die genaue Position einer Leckage mit akustischen Sensoren lokalisieren. Das wird die Arbeit noch sicherer machen - und noch schneller.Aber solange das nicht Standard ist, bleibt die Wasserdruckprüfung die einzige Methode, die wirklich verlässlich ist. Sie ist langsam, sie ist aufwendig, sie kostet etwas mehr - aber sie verhindert Schäden, die tausende Euro kosten und die Lebensqualität ruinieren können.
Wenn Sie heute ein Haus bauen oder sanieren: Lassen Sie die Wasserleitung mit Wasser prüfen. Nicht mit Luft. Nicht mit Stickstoff. Mit Wasser. Denn das ist die einzige Methode, die wirklich funktioniert - und die, die die Gesetze verlangen.
Muss ich die Druckprüfung immer mit Wasser durchführen?
Ja, nach den aktuellen Vorgaben der DIN EN 806-4 und dem ZVSHK-Merkblatt 2023 ist die Wasserdruckprüfung das Standardverfahren für Wohngebäude. Sie ist die einzige Methode, die kleinste Leckagen zuverlässig erkennt und von Versicherungen als Nachweis akzeptiert wird. Druckluft oder Inertgas dürfen nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden - etwa wenn die Leitungen erst später in Betrieb genommen werden und keine Feuchtigkeit verbleiben darf. Aber selbst dann ist die Wasserprüfung die empfohlene Methode.
Kann ich die Druckprüfung selbst durchführen?
Nein. Nach der Handwerksordnung (§ 42a HwO) dürfen nur zertifizierte Meister oder Facharbeiter mit entsprechender Qualifikation in Sanitär- und Heizungstechnik Druckprüfungen durchführen. Selbst wenn Sie das Equipment besitzen, ist die Durchführung ohne offizielle Zulassung rechtswidrig. Die Prüfung muss von einem anerkannten Unternehmen dokumentiert und unterschrieben werden - sonst hat sie keine Gültigkeit bei Versicherungen oder Behörden.
Was passiert, wenn ich die Prüfung nicht mache?
Ohne gültige Druckprüfung dürfen Sie die Wasserinstallation nicht in Betrieb nehmen. Die Gesundheitsbehörde kann die Inbetriebnahme untersagen. Außerdem verlieren Sie den Versicherungsschutz: Bei einem Wasserschaden lehnen die meisten Versicherer die Zahlung ab, wenn kein nach DIN EN 806-4 gültiger Dichtheitsnachweis vorliegt. In manchen Fällen drohen auch Bußgelder von bis zu 5.000 Euro.
Wie lange dauert eine Druckprüfung?
Bei einer durchschnittlichen Wohnungsinstallation dauert die Wasserdruckprüfung zwischen 1 und 2 Stunden. Das beinhaltet die Vorbereitung, die Befüllung, die Vorprüfung, die Erhöhung auf 11 bar, die 30-minütige Ruhephase und die Dokumentation. Bei größeren Gebäuden oder komplexen Leitungsnetzen kann es länger dauern. Druckluftprüfungen sind schneller, aber weniger zuverlässig - und werden deshalb nicht empfohlen.
Warum ist die Prüfung mit Druckluft riskant?
Druckluft ist kompressibel - das heißt, sie kann sich bei Temperaturänderungen ausdehnen oder zusammenziehen, ohne dass eine Leckage vorliegt. Das führt zu falschen Messwerten. Außerdem kann sie kleine Leckagen verbergen, die Wasser sofort erkennen würde. Besonders bei Kunststoffrohren ist das ein Problem: Die Rohre dehnen sich bei Druck aus, was wie ein Leck wirkt. Experten warnen, dass Luftprüfungen oft „falsche Sicherheit“ vermitteln. Versicherungen akzeptieren sie deshalb nicht als Nachweis.
Was kostet eine Druckprüfung?
Die Kosten liegen zwischen 150 und 400 Euro, je nach Größe der Installation, Region und Aufwand. Das beinhaltet die gesamte Durchführung, das Equipment, die Dokumentation und den Nachweis. Teurere Angebote sind oft mit digitaler Protokollierung oder zusätzlichen Services verbunden. Ein Angebot unter 100 Euro sollte skeptisch betrachtet werden - es fehlt meist an Qualität oder Dokumentation.
Kann ich die Prüfung nachträglich machen?
Ja, auch nach der Inbetriebnahme kann eine Druckprüfung durchgeführt werden - etwa bei Verdacht auf Leckagen oder vor dem Verkauf des Hauses. Allerdings ist sie dann nicht mehr als „Inbetriebnahmeprüfung“ anerkannt. Sie dient dann nur als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Für den rechtlichen Nachweis muss die Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme erfolgt sein.
Welche Geräte werden für die Prüfung verwendet?
Für die Wasserprüfung wird eine Prüfpumpe wie die Esders Aquatest 5000 benötigt, die Drücke bis 16 bar erzeugt. Dazu kommt ein präzises Manometer mit Genauigkeit von max. 100 mbar. Moderne Geräte wie das Testo 557 messen digital und speichern die Daten automatisch. Bei Druckluftprüfung müssen öl- und fettfreie Kompressoren verwendet werden - normale Autokompressoren sind verboten, da sie Öl in die Leitungen bringen.
Geschrieben von David Loidolt
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