Nachlassverwalter bei Immobilien: Kosten und Aufgaben im Überblick

Nachlassverwalter bei Immobilien: Kosten und Aufgaben im Überblick

Wenn jemand stirbt und eine Immobilie hinterlässt, wird es plötzlich kompliziert. Nicht nur Trauer, sondern auch Schulden, Mieter, Hypotheken und mehrere Erben machen die Lage schwer überschaubar. Hier kommt der Nachlassverwalter ins Spiel - eine neutrale Instanz, die den Nachlass verwaltet, bis alles geregelt ist. Doch wer braucht ihn wirklich? Was kostet er? Und was macht er genau mit einer Wohnung oder einem Haus? Viele Erben denken, sie können alles selbst erledigen. Doch bei Immobilien ist das oft eine teure Fehlentscheidung.

Wann wird ein Nachlassverwalter bestellt?

Ein Nachlassverwalter wird nicht automatisch eingesetzt. Das Nachlassgericht bestellt ihn nur, wenn es einen konkreten Grund gibt. Der häufigste Fall: Der Nachlass ist überschuldet. Wenn der Verstorbene eine Hypothek, Kredite oder offene Rechnungen hatte, die höher sind als das Vermögen, dann könnte ein Erbe mit dem Erbe auch die Schulden erben. Das wollen die meisten vermeiden. Der Nachlassverwalter sorgt dafür, dass nur das Vermögen des Erblassers verwendet wird, um Schulden zu begleichen - nicht das private Geld der Erben.

Auch wenn es mehrere Erben gibt und sie sich nicht einigen können, wird oft ein Nachlassverwalter bestellt. Das passiert besonders bei Immobilien, weil man sie nicht einfach teilen kann. Ein Haus kann nicht halb an einen Erben und halb an einen anderen gehen. Wer soll es bewohnen? Wer zahlt die Reparaturen? Wer verkauft es? Solange sich die Erben nicht einigen, bleibt die Immobilie im Stillstand - und verfällt. Der Nachlassverwalter übernimmt die Kontrolle, bis eine Lösung gefunden ist.

Laut der Bundesnotarkammer wurden 2023 über 427.000 Nachlassverwaltungen in Deutschland angeordnet. In fast 70 Prozent dieser Fälle war eine Immobilie beteiligt. Das zeigt: Es ist keine Ausnahme, sondern die Regel, dass Immobilien den Nachlass kompliziert machen.

Was macht ein Nachlassverwalter mit einer Immobilie?

Ein Nachlassverwalter ist kein Vermieter, kein Makler und kein Anwalt - aber er muss alle drei Rollen beherrschen. Seine Aufgaben sind genau geregelt. Hier ist, was er tatsächlich tut:

  • Vermögensverzeichnis erstellen: Innerhalb von sechs Wochen muss er alle Vermögenswerte auflisten - inklusive aller Immobilien. Das bedeutet: Adresse, Fläche, Baujahr, Zustand, Marktwert, Hypotheken, Mietverträge, Nebenkosten. Keine Auslassungen. Wer hier etwas vergisst, macht sich strafbar.
  • Immobilie sichern: Ein leerstehendes Haus verliert schnell an Wert. Der Nachlassverwalter sorgt dafür, dass Türen und Fenster abgesichert sind, die Heizung läuft, die Versicherung läuft und keine Einbrüche passieren. In vielen Fällen muss er sogar kleinere Reparaturen veranlassen - ein kaputter Dachziegel, eine defekte Heizungspumpe. Wer das ignoriert, riskiert, dass die Immobilie wertlos wird.
  • Wert ermitteln: Er kann nicht einfach einen Wert schätzen. Er muss einen zertifizierten Gutachter beauftragen. Die Kosten dafür liegen zwischen 1.200 und 2.500 Euro. Das ist teuer, aber notwendig. Ohne Gutachten darf er die Immobilie nicht verkaufen.
  • Mietverhältnisse verwalten: Wenn die Immobilie vermietet ist, bleibt der Mietvertrag bestehen. Der Nachlassverwalter wird zum neuen Vermieter. Er nimmt die Miete ein, zahlt die Hausgelder, rechnet die Nebenkosten ab. Viele vergessen: Mieter haben Rechte. Sie dürfen nicht einfach hinausgeworfen werden - auch wenn der Erblasser tot ist.
  • Verkauf beantragen: Hier kommt der größte Haken: Der Nachlassverwalter darf die Immobilie nicht einfach verkaufen. Er braucht die Genehmigung des Nachlassgerichts. Das dauert 4 bis 6 Wochen. In dieser Zeit kann sich der Markt verändern. Ein Verkauf, der vor drei Monaten 350.000 Euro wert war, kann heute nur noch 320.000 Euro bringen.
  • Schulden begleichen: Alle Gläubiger - Banken, Handwerker, Versicherungen - müssen bezahlt werden. Der Nachlassverwalter prüft, welche Forderungen gültig sind. Er zahlt nicht aus dem eigenen Geld. Er zahlt nur aus dem Nachlass. Wenn das Geld nicht reicht, bleibt ein Teil der Schulden offen. Die Erben müssen dann nichts nachzahlen.
  • Restvermögen verteilen: Nachdem alle Schulden beglichen sind, wird der Rest an die Erben verteilt. Das kann Geld sein - oder ein Anteil an der Immobilie, wenn sie nicht verkauft wird.

Wie hoch sind die Kosten?

Die Kosten für einen Nachlassverwalter sind kein fester Preis. Sie hängen vom Wert der Immobilie ab, von der Anzahl der Gläubiger, von der Komplexität der Mietverhältnisse - und von der Dauer des Verfahrens. Hier ist eine konkrete Aufstellung für eine Immobilie im Wert von 400.000 Euro:

  • Grundhonorar: 3 bis 5 Prozent des Nachlasswertes = 12.000 bis 20.000 Euro
  • Gerichtskosten: 0,5-Gebühr für die Anordnung + jährlich 10 Euro pro 5.000 Euro Nachlasswert = mindestens 1.000 Euro pro Jahr
  • Gutachterkosten: 1.200 bis 2.500 Euro
  • Maklerprovision: 3,57 Prozent inkl. MwSt. = rund 14.280 Euro
  • Notarkosten für Verkauf: 1,5 Prozent des Verkaufspreises = 6.000 Euro
  • Laufende Kosten: Grundsteuer, Versicherung, Heizung, Instandhaltung = durchschnittlich 950 Euro pro Monat
Das ergibt bei einem Verkauf nach 14 Monaten Gesamtkosten von etwa 45.000 bis 55.000 Euro. Klingt viel? Ja. Aber: Wenn die Immobilie ohne Verwalter verkauft wird, könnte sie 20.000 bis 30.000 Euro weniger bringen - weil sie nicht richtig bewertet, nicht professionell vermarktet oder zu früh verkauft wird. Eine Studie der Rechtsanwältin Dr. Sabine Weber zeigt: Nachlassverwalter erzielen im Durchschnitt 17,3 Prozent höhere Verkaufserlöse als Erben, die selbst verkaufen.

Wichtig: Ab 2024 gilt eine neue Obergrenze. Der Honorarhöchstbetrag für Nachlassverwalter bei Immobilien liegt jetzt bei 4,5 Prozent des Verkehrswerts. Das schützt Erben vor überteuerten Honoraren.

Waage mit Haus und Schuldenpapieren, symbolisiert die rechtliche Abwägung im Nachlassverfahren.

Wann lohnt sich ein Nachlassverwalter?

Nicht immer ist er nötig. Ein Nachlassverwalter ist kein Allheilmittel - er ist eine Absicherung. Hier ist, wann er sinnvoll ist:

  • Immobilienwert über 200.000 Euro: Der Deutsche Notarverein empfiehlt ab diesem Wert eine professionelle Verwaltung. Darunter lohnt sich der Aufwand oft nicht.
  • Mehr als zwei Erben: Je mehr Erben, desto größer die Streitgefahr. Ein Verwalter verhindert, dass sich einer gegen alle durchsetzt.
  • Versteckte Schulden: Wenn der Verstorbene eine Hypothek hatte, aber keine Unterlagen hinterließ, oder wenn Sanierungsrückstände bestehen - dann ist der Verwalter die einzige Sicherheit.
  • Immobilie ist vermietet: Mieterrechte sind komplex. Ein Erbe, der keine Ahnung von Mietrecht hat, macht schnell Fehler, die teuer werden.
  • Erbe lebt im Ausland: Wer nicht in Deutschland wohnt, kann nicht vor Ort die Immobilie überwachen. Der Verwalter ist die lokale Vertretung.
Was nicht nötig ist: Ein kleines, schuldenfreies Einfamilienhaus mit nur einem Erben, der direkt einziehen will. Da ist ein Nachlassverwalter überflüssig - und teuer.

Was ist der Unterschied zu einem Testamentsvollstrecker?

Viele verwechseln die beiden Rollen. Ein Testamentsvollstrecker wird vom Erblasser im Testament benannt. Er kennt die Wünsche des Verstorbenen. Ein Nachlassverwalter wird vom Gericht bestellt. Er kennt nur das Gesetz.

Das hat Vorteile und Nachteile. Ein Testamentsvollstrecker kann schneller handeln. Er braucht keine Gerichtsgenehmigung, um eine Immobilie zu verkaufen. Aber er ist oft ein Verwandter - und damit parteiisch. Eine Studie der Deutschen Anwaltsakademie zeigt: In 67 Prozent der Fälle mit privaten Testamentsvollstreckern kam es zu Streit zwischen Erben, weil der Vollstrecker Interessenkonflikte hatte.

Ein Nachlassverwalter ist neutral. Er ist kein Freund, kein Verwandter, kein Kunde. Er ist ein Amtsträger. Das kostet mehr Zeit, aber weniger Streit. Wenn es um eine Immobilie geht, die mehrere Familienmitglieder betrifft, ist Neutralität oft wichtiger als Geschwindigkeit.

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Wie lange dauert alles?

Ein Nachlassverwalter braucht Zeit. Das ist die größte Frustration für Erben. Hier ist der typische Zeitplan:

  1. Bestellung: 4-6 Wochen nach Antrag beim Gericht
  2. Inventarisierung: 6-8 Wochen (Vermögensverzeichnis, Gutachten, Mietverträge)
  3. Genehmigung des Verkaufs: 4-6 Wochen (Gericht prüft alle Unterlagen)
  4. Vermarktung: 12-16 Wochen (Makler sucht Käufer, Besichtigungen, Angebot)
  5. Notarieller Abschluss: 2-4 Wochen
Insgesamt: 14 bis 18 Monate. Das ist lang. Aber: Wer es selbst versucht, ohne Verwalter, kann noch länger brauchen - wenn alle Erben sich nicht einigen können. Dann bleibt das Haus jahrelang unverkauft, verfällt, kostet Geld und bringt keinen Cent.

Was Erben wirklich wissen sollten

Die meisten Erben sind überfordert. Sie wissen nicht, wo sie anfangen sollen. Hier sind drei entscheidende Tipps:

  • Warten Sie nicht. Je länger Sie warten, desto mehr fallen an: Grundsteuer, Versicherung, Reparaturen. Ein leerstehendes Haus verliert bis zu 1.200 Euro im Monat an Wert - nur durch Unterversorgung.
  • Wählen Sie einen Fachanwalt für Erbrecht. Nicht jeder Notar oder Anwalt kennt sich mit Nachlassverwaltung aus. Suchen Sie jemanden, der explizit „Fachanwalt für Erbrecht“ sagt. Die meisten machen das nicht richtig.
  • Verlangen Sie eine Kostenübersicht. Bevor der Verwalter loslegt, muss er Ihnen einen detaillierten Kostenvoranschlag geben. Fragt er nicht danach? Dann ist das ein Warnsignal.
Ein Nachlassverwalter ist kein Luxus. Bei Immobilien ist er eine Versicherung. Gegen Schulden. Gegen Streit. Gegen Verfall. Und manchmal - gegen den eigenen Fehler.

Kann ich den Nachlassverwalter selbst wählen?

Nein. Der Nachlassverwalter wird vom Nachlassgericht bestellt. Sie können aber einen Vorschlag machen - zum Beispiel einen Fachanwalt für Erbrecht, den Sie kennen. Das Gericht berücksichtigt Ihren Vorschlag, muss ihn aber nicht akzeptieren. Es entscheidet nach Neutralität und Fachkompetenz.

Was passiert, wenn die Immobilie nicht verkauft werden kann?

Wenn kein Käufer gefunden wird, bleibt die Immobilie im Nachlass. Der Nachlassverwalter verwaltet sie weiter - bis die Erben sich einigen. Sie können dann entscheiden: Verkauf, Vermietung oder Übergabe an einen Erben. Die Kosten laufen weiter. Es gibt keine Frist, ab der die Immobilie automatisch an die Erben fällt.

Übernimmt der Staat die Kosten, wenn der Nachlass arm ist?

Ja. Wenn der gesamte Nachlasswert unter 5.000 Euro liegt, übernimmt der Staat alle Kosten für die Nachlassverwaltung. Zwischen 5.000 und 15.000 Euro werden die Kosten anteilig getragen. Das gilt auch für Immobilien - wenn ihr Wert niedrig ist und keine Schulden bestehen.

Kann ich als Erbe mit dem Nachlassverwalter zusammenarbeiten?

Ja, und das ist sogar empfehlenswert. Sie können ihm Informationen geben - über den Zustand der Immobilie, über Mieter, über alte Verträge. Sie können ihn auch bei Besichtigungen begleiten. Aber Sie dürfen ihn nicht anweisen, wie er zu handeln hat. Er ist kein Diener, sondern ein Amtsträger.

Was passiert mit Mietern, wenn die Immobilie verkauft wird?

Die Mieter bleiben. Der neue Eigentümer übernimmt den bestehenden Mietvertrag - mit allen Rechten und Pflichten. Der Nachlassverwalter darf den Mieter nicht einfach kündigen, nur weil er verkauft. Ausnahmen gibt es nur bei Eigenbedarf - und auch dann nur, wenn der neue Eigentümer tatsächlich selbst einzieht.