Stell dir vor, du willst deine Wohnung oder dein Haus verkaufen. Du hast zwei Wege: Du machst alles selbst - oder du gibst das Ganze an einen Makler ab. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Aber was lohnt sich wirklich? Und wie viel Geld sparst du wirklich, wenn du den Makler weglässt? Hier ist kein theoretisches Gedankenspiel. Hier ist der klare, reale Vergleich - mit Zahlen, die du nachrechnen kannst.
Wie viel kostet ein Makler wirklich?
| Kostenposten | Maklerverkauf | Selbstverkauf |
|---|---|---|
| Maklerprovision (Verkäuferanteil) | 5.370 € (3,57 %) | 0 € |
| Grunderwerbsteuer (6 %) | 18.000 € | 18.000 € |
| Notar- und Grundbuchkosten (1,5 %) | 4.500 € | 4.500 € |
| Professionelle Fotos & 3D-Tour | 0 € (meist inklusive) | 500 € |
| Anzeigenkosten (ImmobilienScout24) | 0 € | 300 € |
| Gutachterkosten | 0 € | 500 € |
| Rechtsberatung | 0 € (Makler übernimmt) | 400 € |
| Gesamtkosten | 28.870 € | 23.700 € |
Das ist der Kern: Bei einem Verkauf von 300.000 Euro sparst du mit Selbstverkauf rund 5.170 Euro. Klingt gut, oder? Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn diese Zahlen setzen voraus, dass du die Immobilie innerhalb von drei Monaten verkaufst. Wenn es länger dauert, wird’s teuer.
Zeit ist Geld - und zwar richtig Geld
Ein Makler verkauft im Durchschnitt 23 Tage schneller als ein Privatverkäufer. Das klingt nicht nach viel - aber bei einer 300.000 Euro Immobilie bedeutet das: Jeder Monat, den deine Wohnung leer steht, kostet dich ungefähr 800 bis 1.200 Euro an verpasster Miete. Wenn du sechs Monate brauchst, statt drei, dann sind das 2.400 bis 3.600 Euro, die du nicht mehr hast. Und das ist kein theoretisches Szenario. Laut der Deutschen Bank Research brauchen Selbstverkäufer im Schnitt 6,8 Monate. Makler schaffen es in 4,2 Monaten.
Das bedeutet: Selbst wenn du 5.000 Euro Provision sparst, kann dir die längere Verkaufszeit 3.000 Euro davon wieder abknabbern. Und das, ohne dass du den Verkaufspreis erhöht hast.
Verkaufspreis: Wer zahlt mehr?
Ein Mythos hält sich hartnäckig: Makler erzielen höhere Preise. Stimmt - aber nur ein bisschen. Eine Studie des ifo Instituts zeigt: Bei Einfamilienhäusern im ländlichen Raum verkaufen Makler im Durchschnitt 2,1 % über dem Marktwert. Das sind bei 300.000 Euro 6.300 Euro mehr. Klingt nach einem riesigen Vorteil - bis du rechnest: Die Maklerprovision liegt bei 5.370 Euro. Du hast also nur 930 Euro mehr im Portemonnaie - nach Abzug der Provision.
Bei Eigentumswohnungen in Großstädten ist der Unterschied noch kleiner: Makler erzielen 0,8 % über Marktwert, Selbstverkäufer 1,3 % darunter. Das sind bei 300.000 Euro nur 5.700 Euro Unterschied - und die Provision ist immer noch da. In der Praxis: Bei einer 300.000 Euro Wohnung in Wien oder München ist der Preisunterschied oft nur 2.000 bis 4.000 Euro. Nicht genug, um die Provision zu rechtfertigen - wenn du dich gut vorbereitest.
Was du selbst können musst
Wenn du selbst verkaufst, bist du nicht nur Verkäufer - du bist auch Marketing-Abteilung, Rechtsanwalt, Terminplaner und Verhandlungsführer. Du musst:
- Den Marktwert richtig einschätzen - mit mindestens drei realen Vergleichsobjekten aus deiner Straße oder Nachbarschaft.
- Eine professionelle Fotografie und einen 3D-Rundgang organisieren - sonst bleiben Interessenten weg.
- Eine Anzeige schreiben, die nicht klingt wie ein Werbeplakat, sondern wie eine echte, vertrauenswürdige Beschreibung.
- Alle Besichtigungen organisieren - an Wochenenden, abends, bei Regen und Schnee.
- Die Kaufvertragsformulierung fehlerfrei machen - sonst drohen Schadensersatzansprüche.
Ein Fall vom Finanzgericht Münster (2022) zeigt, wie teuer Fehler werden können: Ein Privatverkäufer hat den Kaufvertrag falsch formuliert - und musste 12.000 Euro Schadensersatz zahlen. Ein Makler hätte das nicht zugelassen. Denn er ist verpflichtet, eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung mit mindestens 1 Million Euro Deckungssumme zu haben. Du als Privatperson? Nichts.
Steuerliche Vorteile - der große Trumpf
Wenn du deine Immobilie selbst bewohnst, hast du einen unsichtbaren Vorteil, den viele Makler nicht mal erwähnen: Die 2-Silvester-Regel. Wenn du deine Wohnung oder dein Haus in den drei Jahren vor dem Verkauf selbst genutzt hast - also im Verkaufsjahr und in den beiden davor -, dann zahlst du keine Kapitalertragsteuer. Das gilt auch, wenn du sie nur 6 Monate pro Jahr bewohnt hast. Das ist kein Steuertrick. Das ist Gesetz.
Ein Makler kann dir das nicht mehr geben. Er kann dir nur sagen: „Verkaufen Sie jetzt, sonst zahlen Sie Steuern.“ Aber er kann dir nicht sagen: „Warten Sie noch 6 Monate - dann ist die Steuerfreiheit gesichert.“ Das musst du selbst wissen. Und das ist ein echter Mehrwert des Selbstverkaufs - wenn du die Regeln kennst.
Wann lohnt sich der Makler wirklich?
Es gibt Situationen, da ist der Makler nicht nur sinnvoll - er ist die einzige vernünftige Wahl:
- Du vermietest die Immobilie und willst sie verkaufen - dann ist der Mieter ein Faktor, den du nicht allein beherrscht.
- Du hast mehrere Erben - und die Zustimmung aller ist nötig. Ein Makler versteht, wie man das rechtlich sicher abwickelt.
- Du bist im Ausland - und kannst nicht vor Ort Besichtigungen leiten.
- Du hast keine Zeit - und willst nicht 200 Stunden in den Verkauf investieren.
- Du bist unsicher bei Vertragsformulierungen - und willst keine Haftung tragen.
Und: Wenn du eine Luxusimmobilie hast - sagen wir 1,2 Millionen Euro - dann kann ein Makler mit internationalem Netzwerk wirklich mehr bringen. Aber das ist die Ausnahme. Für 90 Prozent der Immobilien in Deutschland - also Wohnungen unter 500.000 Euro - ist der Makler kein Muss.
Die digitale Wende: Selbstverkauf wird einfacher
Seit 2023 gibt es neue Tools, die den Selbstverkauf einfacher machen. Plattformen wie Homeday oder Immowelt bieten jetzt Pakete für 199 Euro: Professionelle Fotos, 3D-Tour, Anzeige auf allen Portalen, sogar eine digitale Verhandlungsunterstützung. Das ist kein Makler - aber es ist fast so gut. Und du zahlst nur ein Viertel der früheren Provision.
Und: Seit Juni 2023 gilt die neue Grunderwerbsteuerrichtlinie - du musst deine Immobilie nicht mehr drei Jahre halten, um steuerfrei zu verkaufen. Das macht den Selbstverkauf noch attraktiver.
Aber Achtung: Ab 2025 kommt das Wohnraumschutzgesetz. Dann musst du einen Energieausweis und einen Zustandsbericht vorlegen - und das nicht nur für den Makler, sondern auch für dich als Privatverkäufer. Das wird die Hürde erhöhen. Aber nicht unmöglich machen.
Was sagen die Leute, die es probiert haben?
Ein Nutzer auf Reddit hat seine 120 m² Wohnung in Köln selbst verkauft - nach vier Monaten, für 385.000 Euro. Der Makler hatte 370.000 Euro angeboten. Aber er hat 200 Arbeitsstunden investiert. Das ist wie ein Nebenjob.
Ein anderer Verkäufer hat drei Kaufverträge abgebrochen - weil er nicht wusste, wie man die Finanzierungsbestätigung richtig prüft. Am Ende hat er einen Makler beauftragt - und 8.000 Euro Provision gezahlt. Er sagt: „Ich hätte lieber die Zeit gespart.“
Die Verbraucherzentrale hat 1.200 Selbstverkäufer befragt. 67 Prozent waren mit dem Ergebnis zufrieden. Aber 82 Prozent sagten: „Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit das braucht.“
Deine Entscheidung - mit Zahlen
Frage dich:
- Wie viel Zeit hast du? Mindestens 15 Stunden pro Woche für 4-6 Monate? Wenn nein - nimm einen Makler.
- Wie hoch ist der Wert deiner Immobilie? Unter 300.000 Euro? Dann lohnt sich Selbstverkauf. Über 600.000 Euro? Dann ist ein Makler mit internationalem Netzwerk sinnvoll.
- Hast du schon Erfahrung mit Kaufverträgen, Rechtsfragen, Steuern? Wenn nein - hol dir eine Rechtsberatung für 300 Euro. Das ist günstiger als ein Fehler.
- Wohnst du noch in der Immobilie? Wenn ja - nutze die 2-Silvester-Regel. Das ist dein größter Vorteil.
- Willst du schnell verkaufen? Dann nimm den Makler. Willst du den besten Preis? Dann verkaufe selbst - aber bereite dich richtig vor.
Der Markt verändert sich. 38 Prozent der Immobilien wurden 2023 ohne Makler verkauft - das ist ein Anstieg von 12 Prozentpunkten seit 2020. Die Zahl wird bis 2026 auf 45 Prozent steigen. Es ist kein Trend mehr. Es ist die neue Normalität.
Der Makler ist nicht der Feind. Er ist ein Werkzeug. Und wie jedes Werkzeug - manchmal brauchst du ihn. Manchmal nicht. Aber du solltest wissen, wann du ihn brauchst - und wann du ihn dir sparen kannst.
Kann ich wirklich ohne Makler eine Immobilie verkaufen?
Ja, das ist legal und möglich. Mehr als ein Drittel aller Immobilienverkäufe in Deutschland erfolgen bereits ohne Makler. Du musst nur alle Schritte selbst übernehmen: Vermarktung, Besichtigungen, Verhandlungen, Vertragsaufsetzung und die Abstimmung mit dem Notar. Mit den richtigen Tools und genug Zeit funktioniert es.
Wie viel kostet ein Makler wirklich für eine 300.000 Euro Immobilie?
Die Maklerprovision liegt heute im Durchschnitt bei 3,57 % für den Verkäufer - das sind 10.710 Euro bei 300.000 Euro Kaufpreis. Aber seit 2021 muss die Provision zwischen Käufer und Verkäufer geteilt werden. Das bedeutet: Du als Verkäufer zahlst nur noch etwa 5.370 Euro. Dazu kommen Grunderwerbsteuer und Notarkosten - die fallen aber unabhängig vom Makler an.
Wann lohnt sich der Selbstverkauf nicht?
Nicht lohnenswert ist der Selbstverkauf, wenn du wenig Zeit hast, keine Erfahrung mit Rechts- und Steuerfragen hast, die Immobilie vermietet ist, oder wenn mehrere Erben beteiligt sind. Auch wenn du im Ausland lebst oder die Immobilie in einem sehr speziellen Marktsegment liegt (z. B. Denkmalschutzobjekt), ist ein Makler die sicherere Wahl.
Was kostet eine professionelle Fotografie und 3D-Tour?
Professionelle Fotos kosten zwischen 200 und 500 Euro, eine 3D-Tour zwischen 150 und 400 Euro. Viele Online-Plattformen wie Homeday oder Immowelt bieten Pakete ab 199 Euro an, die alles enthalten - inklusive Anzeige auf ImmobilienScout24 und anderen Portalen. Das ist günstiger als die Provision eines traditionellen Maklers.
Wie kann ich den Marktwert meiner Immobilie richtig bestimmen?
Verwende mindestens drei aktuelle Vergleichsobjekte aus deiner Straße oder Nachbarschaft. Schaue auf ImmobilienScout24, Immowelt oder das Portal des örtlichen Gutachterausschusses. Achte auf Größe, Zustand, Ausstattung und Lage. Ein Gutachter kostet 300-800 Euro - lohnenswert, wenn du unsicher bist. Aber oft reicht eine gründliche Recherche.
Was passiert, wenn ich einen Kaufvertrag falsch mache?
Du kannst haftbar gemacht werden. Im Fall Münster (2022) musste ein Privatverkäufer 12.000 Euro Schadensersatz zahlen, weil er die Eigentumsvorbehaltklausel falsch formuliert hatte. Makler haften mit einer Versicherung von mindestens 1 Million Euro. Als Privatperson hast du keine solche Absicherung. Deshalb: Lass den Vertrag von einem Anwalt prüfen - für 300 Euro.
Muss ich als Selbstverkäufer einen Energieausweis vorlegen?
Ja, das ist gesetzlich vorgeschrieben - unabhängig davon, ob du einen Makler hast oder nicht. Ab 2025 kommt mit dem Wohnraumschutzgesetz zusätzlich ein Zustandsbericht. Du musst also beide Dokumente vorlegen. Das ist kein Nachteil des Selbstverkaufs - das gilt für alle Verkäufer.
Kann ich mit Selbstverkauf die Steuern sparen?
Ja - und zwar erheblich. Wenn du deine Immobilie in den drei Jahren vor dem Verkauf selbst bewohnt hast (auch nur teilweise), ist der Verkauf steuerfrei. Das gilt für Eigennutzer - unabhängig davon, ob du einen Makler hast oder nicht. Dieser Vorteil bleibt bestehen. Aber nur, wenn du ihn kennst und richtig anwendest.
Der Verkauf deiner Immobilie ist kein Verkaufsgespräch - er ist ein Projekt. Und wie jedes Projekt: Du kannst es selbst machen. Oder du lässt es machen. Aber du solltest wissen, was du tust - und was es kostet. Denn am Ende zählt nicht, wer den Vertrag unterschrieben hat. Sondern, wie viel Geld du am Ende im Portemonnaie hast.
Geschrieben von Jens Schreiber
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